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Inflation quo vadis

Inflation, quo vadis?

Nicht nur die Börse verläuft in Phasen des Aufschwungs und des Abschwungs, sondern ebenso die reale Wirtschaft. Phasen der Erholung und des Booms wechseln sich ab mit Phasen der Rezession und des Rückgangs. Genauso verhält es sich mit Themen wie Inflation, Leitzinsen der Zentralbanken, wirtschaftlichen Stimmungsindikatoren und Meßgrößen zum Wirtschaftswachstum. Soweit sicherlich nichts Neues für jeden, der sich über das Thema Börse hinaus ein wenig mit den Grundlagen der Volkswirtschaftslehre befasst hat. Doch wie ist die aktuelle Lage zu beurteilen? Häufig liest man davon, diesmal sei alles anders, diesmal sei die Situation eine Besondere, die mit der Vergangenheit nicht vergleichbar sei.

Verschaffen wir uns zunächst einen kurzen Überblick über die Grundlagen und gehen dann auf die aktuelle Situation ein. Wie eingangs schon beschrieben verlaufen Finanzmärkte und auch Realwirtschaft in verschiedenen Marktphasen. Diese Phasen sind nicht immer völlig klar voneinander zu trennen und auf ersten Blick fällt die klare Zuordnung oft schwer, gerade wenn sich die Marktlage gerade erst ändert. Die Übergänge verlaufen oft fließend über mehrere Wochen oder sogar Monate. Erst rückblickend fällt die Einordnung leichter. In der wissenschaftlichen Theorie verlaufen diese Phasen immer ähnlich, können aber durchaus mit starken zeitlichen Abweichungen auftreten. Phasen des Aufschwungs und der wirtschaftlichen Prosperität sind typischerweise von längerer Dauer, als Phasen der Rezession und Stagnation.

Blicken wir auf das letzte Jahrzehnt zurück, so hatten wir einen der längsten Bullenmärkte der Geschichte hinter uns. Seit der großen Finanzkrise 2007-2009 waren die Märkte im Aufschwung, auch die Realwirtschaft entwickelte sich über gut 10 Jahre positiv. Anzeichen für ein bevorstehendes Ende mehrten sich bereits im Laufe des Jahres 2019, eine Phase des Abschwungs wäre folglich im Sinne der volkswirtschaftlichen Theorie völlig „normal“ gewesen. Durch die weltweit verfügten Lockdowns – sprich, das Einfrieren der Lieferketten und der Wirtschaft weltweit – im Februar und März 2020 fand in wenigen Wochen eine Beschleunigung dessen statt, was normalerweise mehrere Monate, wenn nicht sogar ein bis zwei Jahre dauert. Eine wirtschaftliche Rezession incl. Crash am Aktienmarkt in Rekordzeit. Was dann folgte, nämlich ein koordinierter Eingriff der Zentralbanken weltweit (eine sofortige Zinssenkung auf 0% oder nahezu 0%), war ebenso in der volkswirtschaftlichen Geschichte bis dato einmalig.

Das, was normalerweise im Laufe einiger Monate stattfindet – die wirtschaftliche Neuausrichtung, das „Aufrappeln“, das Freistrampeln aus dem Tal der Tränen, Hoffnung schöpfen und wieder Aufbauen nach dem reinigenden Gewitter – fand quasi im Zeitraffer statt. Nicht über mehrere Wochen und Monate, sondern praktisch über Nacht. Nun sind wir nach gut zwei Jahren schon wieder an einem Punkt angelangt, der als Ende des Aufschwungs betrachtet werden kann. Auch diese Phase verlief also gewissenmaßen im Zeitraffer. Es ließe sich argumentieren, daß soweit ja alles wie immer sei, nur eben der zeitliche Ablauf der letzten Phasen extrem gestaucht worden war.

Ein extrem wichtiger Unterschied wird dabei allerdings übersehen, der die derzeitige Situation durchaus besonders macht. Normalerweise steigt in Phasen der Aufschwungs der allgemeine Wohlstand. Die Menschen haben mehr Geld zum Ausgeben, der Konsum steigt, die Firmen profitieren davon, sie können mehr produzieren, zahlen bessere Löhne um Arbeitskräfte zu halten und stellen auch neue Arbeitskräfte ein. Dadurch steigt wiederum das verfügbare Einkommen, das für weitere Nachfrage ausgegeben werden kann. Die Preise steigen insgesamt an, was sich in einer steigenden Inflationsrate bemerkbar macht. Die Zentralbanken heben folglich die Leitzinsen an, um für Geldwertstabilität zu sorgen. Durch höhere Zinsen steigt zum einen der Anreiz, sein Geld zu sparen statt es auszugeben, zum anderen werden Kredite für Unternehmen teurer. Geld wird dem Wirtschaftskreislauf entzogen, was sich dämpfend auf die Inflation auswirkt. Am Ende eines „normalen“ Wirtschaftszyklus‘ sind folglich Inflation und Leitzins relativ hoch.

Wie sieht es nun derzeit aus? Die Inflation ist gestiegen, allerdings nicht aufgrund der großen Nachfrage und Prosperität der Unternehmen, sondern wegen extremer Lieferprobleme im Bereich der Rohstoffe und Zulieferer. Unterbrochene Handelswege führen dazu, daß Unternehmen die Preise für ihre Produkte anheben müssen, ohne davon zu profitieren. Denn entweder können sie die Nachfrage gar nicht mehr bedienen (für die wenigen verkaufbaren Produkte müssen sie höhere Preise verlangen, um die Kosten zu decken) oder sie geben die höheren Rohstoffkosten eben an die Kunden weiter. Plakativ könnte man sagen: normalerweise steigen die Preise, weil „jeder genug Geld hat, um unnötigen Kram zu kaufen“; jetzt wird alles teurer, weil die Produkte einfach nicht da sind.

Diese Situation ist durchaus problematisch, weil die Zentralbanken dadurch in der Zwickmühle sind. Um die hohe Inflation zu bekämpfen wäre eine restriktive Geldpolitik (Zinserhöhungen) angesagt. Dies hätte normalerweise schrittweise während des Aufschwungs stattgefunden. Jetzt ist der Hochpunkt allerdings schon überschritten, die Börsen sind bereits im Bärenmarkt und die Realwirtschaft kippt in Richtung Rezession. In dieser Phase haben die Zentralbanken normalerweise angefangen die Zinsen wieder zu senken, um die wirtschaftliche Erholung zu unterstützen. Um es klar zu sagen: die Zentralbanken fangen jetzt zu einem Zeitpunkt an die Zinsen zu erhöhen, zu dem sie normalerweise mit Zinssenkungen begonnen haben.

Ein Punkt darf an dieser Stelle auch nicht unerwähnt bleiben. Die Situation der unterbrochenen Lieferketten ist politisch gewollt. Die rigorose Abschottung Chinas ist politisch befohlen worden, die Sanktionen im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine sind ebenfalls eine politische Entscheidung. Es soll hier gar nicht thematisiert werden, ob hierdurch gewünschte politische Ziele erreicht werden können oder nicht, ebenso wenig ist eine Diskussion über nicht vorhandenes wirtschaftliches Verständnis der handelnden Akteure zielführend. Es soll nur der Unterschied klar gemacht werden. Weder Öl- und Gasquellen sind versiegt, noch haben Naturkatastrophen ganze Ernten vernichtet, keine Waldbrände haben den Holzbestand vernichtet, es sind auch nicht sämtliche Erze und seltenen Erden ausverkauft. Die Situation ist absichtlich herbeigeführt worden und wird nun von den gleichen Entscheidungsträgern beklagt, die sie zu verantworten haben.

Was können wir als Trader und Investoren nun tun? Wir müssen beobachten, was die beiden wichtigsten Einflußgrößen tun werden. Entspannt sich die Situation der unterbrochenen Lieferketten wieder? Und wie reagieren darauf die Zentralbanken? Fällt der Grund für die gestiegene Inflation weg, ist auch mit wieder sinkenden Preisen zu rechnen. Allerdings wird dies nicht über Nacht geschehen. Und auch die Zentralbanken werden erst zeitverzögert reagieren. Während des letzten Jahres hat gerade die amerikanische FED immer wieder die Inflation kleingeredet und als vorübergehend bezeichnet. Erst als die Daten etlicher Monate vorlagen (die natürlich immer erst rückblickend erstellt werden können) setzte sich auch bei der FED die Erkenntnis durch, daß man wohl doch etwas unternehmen müsse. Sollten die Inflationsdaten nun in die andere Richtung zeigen ist davon auszugehen, daß die FED auch diesmal zeitverzögert reagieren und nicht sofort umschwenken wird. Die Aktienmärkte spielen die Zukunft und könnten die zukünftige entspanntere Geldpolitik der FED vorwegnehmen. Allerdings waren die Aktienralleys der letzten Jahre vor allem durch das „billige Geld“ getrieben. Und solange die FED die Zinsen erhöht und durch Bondverkäufe zusätzlich Liquidität aus dem Markt zieht, mangelt es eben genau hieran.

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